Revisionsrecht

Die Revision ist ein außerordentlich schwieriges Teilgebiet des Strafrechts. Die Obergerichte, allen voran der Bundesgerichtshof, haben in der Vergangenheit die formalen Anforderungen an eine zulässig erhobene Verfahrensrüge zunehmend in die Höhe getrieben. Hier trennt sich, glaubt man den Ausführungen von BGH-Richtern bei entsprechenden Fortbildungsveranstaltungen, bei den Verteidigern die Spreu vom Weizen. Hiermit nicht genug: Zwar gelten diese hohen Zulässigkeitshürden nicht für die Sachrüge, doch verfolgen die Obergerichte hier einen zunehmend „pragmatischen“ Ansatz: Auf Veranstaltungen zum Revisionsrecht hört man auch von BGH-Richtern, dass man bei der Prüfung der Revision sehr wohl auf das Ergebnis in der Tatsacheninstanz schaue. Falls das Urteil aus Sicht des erkennenden Senats gut vertretbar erscheint, wird es im Zweifel „gehalten“. Das ist den Revisionsgerichten auch ohne entsprechende Begründung möglich und so geschieht es auch – strafrechtliche Revisionen werden in ihrer überwiegenden Mehrzahl mit einem Dreizeiler verworfen, und wahrlich nicht immer ergibt sich die „offensichtliche“ Unbegründetheit des Revisionsvorbringens zwingend aus der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft bzw. der Generalbundesanwaltschaft zur Revisionsbegründung. Die Revisionsgerichte postulieren darüber hinaus ein Verbot der Rekonstruktion der Beweisaufnahme und überprüfen nur unter sehr engen Voraussetzungen die Beweiswürdigung der Tatgerichte, so dass Angriffe der Revision in diese Richtung nicht immer, aber meist keinen Erfolg haben.

Umso wichtiger ist es, einen im Revisionsrecht versierten Verteidiger die Revisionsbegründung fertigen zu lassen. Es gibt sehr erfolgreiche Instanzverteidiger, die aus diesem Grund die Mandantschaft in einem solchen Fall an einen Revisionsspezialisten verweisen. Im Revisionsrecht gibt es aus den oben genannten Gründen selten eine Erfolgsgarantie, aber in einer Reihe von Fällen zumindest eine Chance, die unter Umständen genutzt werden kann. Dann darf es aber nicht bereits am „Handwerk“ scheitern.

Der Bundesrichter Fischer hat dankenswerter Weise in seiner Kolumne in der “Zeit” über die Arbeit von Revisionsrichtern in einem Strafsenat des BGH berichtet. Man mag hieraus ableiten, dass man beim BGH anders als ansonsten vor Gericht und auf hoher See vielleicht nicht “in Gottes Hand” ist sondern in der Hand des Berichterstatters.

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-06/bundesgerichtshof-justiz-fischer-im-recht

RA Dr. Pichler fertigt seit Jahren Revisionsbegründungen. Natürlich hat auch er beileibe nicht mit jeder Revision Erfolg.

Doch in einer Reihe von Fällen konnte er eine Aufhebung und Zurückverweisung erreichen. Exemplarisch seien die Entscheidungen genannt, bei denen die Gründe an der einen oder anderen Stelle veröffentlicht worden sind:

BGH, Beschl. v. 09.05.2006 – 3 StR 111/06, NStZ-RR 2007, 8 (Sachrüge – Voraussetzungen der Unverhältnismäßigkeit der wiederholten Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus)

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.05.2006 – 5 Ss 67/06, NStZ-RR 2007, 7 (Verfahrensrüge – keine eigene Sachkunde des Gerichts, um den pathologischen Wert einer Kaufsucht und deren Einfluss auf die Schuldfähigkeit zu beurteilen)

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.10.2011 – IV 4 RBs 170/11 https://www.burhoff.de/insert/?/asp_weitere_beschluesse/inhalte/1469.htm  (Verfahrensrüge – Aufklärungsrüge im OWi-Verfahren)

BGH, Beschl. v. 14.05.2014 – 3 StR 130/14 , StV 2015, 280 http://www.burhoff.de/insert/?/asp_weitere_beschluesse/inhalte/2601.htm  (Verfahrensrüge – Verstoß gegen die Elftagefrist gemäß § 268 Abs. 3 S. 2 StPO)